Daron Malakian – Addicted to the Violence
Label: Scarred for Life
Genre: Alternative Metal, Experimental Rock
Spielzeit: 42:17
Release: 18.07.2025
Line-up:
Daron Malakian (Vocals, Guitar, Bass, Producer)
Orbel Babayan (Keyboards, Guitar)
Roman Lomtadze (Drums)
Matthew Silberman (Saxophone)
Mit „Addicted to the Violence“ meldet sich Daron Malakian mit seinem Projekt Scars on Broadway zurück – und das mit einem Album, das sowohl musikalisch als auch textlich die Handschrift eines Künstlers trägt, der sich nie mit Konventionen zufriedengibt. Es ist das dritte Studioalbum des Projekts und zugleich das kompromissloseste: ein wütender, verspielter, oft absurder Ritt durch politische Abgründe, persönliche Dämonen und musikalische Grenzbereiche. Malakian, der als Hauptsongwriter von System of a Down ohnehin für seine stilistische Unberechenbarkeit bekannt ist, liefert hier ein Werk, das sich zwischen Thrash, Funk, Punk, Prog und orientalischen Skalen bewegt – und dabei stets wie ein Spiegelbild seiner eigenen Zerrissenheit wirkt. Der Opener „Killing Spree“ ist ein Paradebeispiel für Malakians Fähigkeit, Chaos zu strukturieren.
Der Song springt zwischen drei Melodien, die sich gegenseitig überbieten wollen, während die Lyrics eine groteske Mischung aus religiösen Bildern und Drogenreferenzen bieten („It’s gonna feel like Jesus is coming back! It’s gonna feel like a shot of fucking smack…“). Die Gitarrenarbeit ist tight, die Produktion roh und direkt – ein Einstieg, der sofort klarmacht, dass hier keine Gefälligkeit zu erwarten ist. „Satan Hussein“ setzt den Ton fort, mit einem Refrain, der wie ein manischer Sprechgesang funktioniert („Quaaludes! Vicodin! Chinese Cups and Echinacea!“). Der Song ist musikalisch ein Hybrid aus Hardcore und orientalischem Funk, textlich eine satirische Abrechnung mit religiösem Fanatismus und kultureller Fragmentierung.
„Done Me Wrong“ bringt eine melancholische Note ins Spiel, mit einem Keyboard-Solo, das an armenische Volksmusik erinnert. Die Struktur ist weniger chaotisch, aber nicht minder intensiv. Der Song wirkt wie ein Rückblick auf persönliche Enttäuschungen, musikalisch getragen von einem hypnotischen Groove. „The Shame Game“ beginnt mit einer düsteren Atmosphäre, die stark an „Aerials“ erinnert, bevor sich der Song in eine psychedelische Ballade verwandelt. Die Lyrics sind eine bittere Anklage gegen politische Verantwortungslosigkeit, verpackt in eine fast hymnische Melodieführung. „Destroy the Power“ ist ein aggressiver Ausbruch, der zwischen Ghost-artigen Chorpassagen und Nu-Metal-Riffs pendelt. Der Song wirkt wie ein musikalischer Faustschlag, der sich gegen institutionelle Kontrolle richtet.
„Your Lives Burn“ ist der kürzeste Track des Albums, ein punkiger Sprint mit Serj-Tankian-artigen Vocals und einem Refrain, der sich wie ein Mantra wiederholt. Die Energie ist explosiv, die Aussage klar: Selbstzerstörung als kollektives Ritual. „Imposter“ ist ein Groove-Monster, das sich durch seine rhythmische Komplexität und die manische Gesangsführung auszeichnet. Der Song wirkt wie ein innerer Dialog, ein Kampf zwischen Identität und Fremdwahrnehmung. „You Destroy You“ bringt eine fast doomige Stimmung ins Spiel, mit langsamen Riffs und einem Refrain, der sich in die Tiefe bohrt. Die Lyrics sind introspektiv, die Musik minimalistisch und effektiv.
„Watch That Girl“ ist der verspielteste Track des Albums, mit Saxophon-Einlagen und einem Funk-Groove, der an die frühen Red Hot Chili Peppers erinnert. Der Song ist eine bizarre Liebeserklärung, ein musikalischer Trip durch Lust und Paranoia. Der abschließende Titeltrack „Addicted to the Violence“ ist ein melancholisches Finale, das sich durch seine epische Struktur und die reduzierte Instrumentierung auszeichnet. Malakians Stimme ist hier besonders eindringlich – verletzlich, resigniert, fast gebrochen. „Addicted to the Violence“ ist kein Album für den schnellen Konsum. Es ist ein Werk, das sich zwischen Wahnsinn und Genie bewegt, zwischen politischer Satire und persönlicher Katharsis. Daron Malakian beweist hier einmal mehr, dass er zu den originellsten Stimmen des modernen Metal gehört – ein Künstler, der sich nicht beugt, sondern bricht, um Neues zu schaffen. Für Fans von System of a Down ist dieses Album ein Geschenk. Für alle anderen: eine Herausforderung, die sich lohnt.