HTETHTHEMETH – Telluric Inharmonies

 

Label: Layered Reality Productions

Genre: Avantgarde Metal / Progressive Rock

Spielzeit: 74:22 Minuten

Release: 04.04.2025

 

Line-up:

Robert Cotoros (Vocals, Composition)


Mit „Telluric Inharmonies“ kehrt die rumänische Avantgarde-Formation HTETHTHEMETH nach neun Jahren mit einem monumentalen Konzeptalbum zurück, das sich über zwanzig Tracks und mehr als siebzig Minuten Spielzeit erstreckt. Die Band, die sich bereits mit ihrem Debüt „Best Worst Case Scenario“ als Grenzgänger zwischen Theater, Metal und Philosophie positionierte, geht hier noch einen Schritt weiter: „Telluric Inharmonies“ ist ein multilinguales, multistilistisches Epos, das sich zwischen Progressive Metal, klassischer Musik, Post-Rock, Elektronik und Spoken Word bewegt – und dabei eine narrative Tiefe entfaltet, die eher an ein Bühnenstück als an ein Rockalbum erinnert.

 

Der Einstieg gelingt mit „A!“, einem atmosphärischen Intro, das mit Meeresrauschen, rumänischer Erzählstimme und sakralen Chören eine fast liturgische Stimmung erzeugt. Die Frage „Why the guilty one does not pay for his sins?“ markiert den philosophischen Ton, der sich durch das gesamte Album zieht. „Life“ bringt erste rhythmische Bewegung ins Spiel: das Schlagzeug treibt subtil, während der Gesang zwischen Melancholie und Hoffnung changiert. Die Produktion bleibt dabei transparent und warm, was den emotionalen Gehalt der Musik unterstreicht.

 

„I Wanted You All“ ist ein pianogetragener Song, der sich langsam entfaltet und mit seiner Musical-artigen Struktur an Werke von Ayreon oder Trans-Siberian Orchestra erinnert. Die Melodieführung ist zurückhaltend, fast fragil, und doch intensiv. „The Fools and Failed Queens“ bringt erstmals metallische Härte ins Spiel: verzerrte Gitarren, dramatische Streicher und ein Gesang, der zwischen opernhaftem Pathos und düsterer Introspektion pendelt. Der Song erinnert in seiner Struktur an Savatage, mit einem Wechselspiel aus ruhigen Passagen und eruptiven Ausbrüchen.

 

„Honest Lies“ und „The Odyssey of Nothing“ sind die progressivsten Stücke des Albums. Erstere überzeugt mit post-rockigen Gitarrenlinien, die sich unter einem komplexen Rhythmusgefüge entfalten, während Letztere mit über sieben Minuten Spielzeit eine emotionale Reise darstellt – von zarten Melodien bis hin zu einem kraftvollen Finale mit intensiver Gesangsleistung und dynamischem Drumming. Besonders „The Odyssey of Nothing“ zeigt HTETHTHEMETHs Fähigkeit, musikalische Spannung über lange Strecken aufzubauen und dabei nie die narrative Kohärenz zu verlieren.

 

„The Poetry of Failure“ beginnt erneut mit Klavier und zurückhaltendem Gesang, entwickelt sich aber zu einem der emotionalsten Songs des Albums. Die Instrumentierung bleibt minimalistisch, was dem Text Raum gibt, sich zu entfalten. „Heaven and Hell Are Two Floors Below“ bringt schließlich eine rockigere Note ins Spiel: das Schlagzeug setzt kraftvolle Akzente, die Gitarren sind druckvoll, und die Stimme transportiert eine Mischung aus Verzweiflung und Trotz. Der Song wirkt wie ein Befreiungsschlag nach der introspektiven Tiefe der vorherigen Stücke.

 

Zwischen den Haupttracks finden sich immer wieder kurze Übergangsstücke – teils instrumental, teils mit gesprochenem Wort –, die das narrative Konzept stützen, aber auch die Geduld des Hörers herausfordern. Diese dramaturgischen Interludien sind nicht immer leicht zugänglich, doch sie tragen zur Gesamtwirkung des Albums bei: „Telluric Inharmonies“ ist kein Werk für den schnellen Konsum, sondern ein musikalisches Drama, das Zeit und Aufmerksamkeit verlangt.

 

HTETHTHEMETH gelingt mit „Telluric Inharmonies“ ein außergewöhnliches Album, das sich jeder Genregrenze verweigert und stattdessen ein eigenes Universum erschafft. Die Mischung aus klassischer Komposition, progressiver Struktur und avantgardistischer Theatralik ist mutig, komplex und emotional. Für Fans von Therion, Devil Doll oder Earthside ist dieses Album ein Fest. Für alle anderen: eine Herausforderung, die sich lohnt – wenn man bereit ist, sich auf die tellurischen Disharmonien einzulassen.


09.08.2025 veröffentlicht von: Thomas M. © Metal-Division Magazine

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