NEUROTOX – Könige Der Nacht
Label: Metalville
Genre: Deutschpunk / Rock / Pop
Spielzeit: ca. 38:09 Min
VÖ: 01.08.2025
Mit „Könige Der Nacht“ präsentiert das Trio aus Rheinberg/Wesel sein mittlerweile siebtes Studioalbum und wagt dabei einen stilistischen Spagat, der sowohl mutig als auch kontrovers ist. Die Deutschpunk-Wurzeln sind zwar noch erkennbar, doch NEUROTOX setzen auf dieser Platte verstärkt auf poppige Keyboards, Eurodance-Anleihen und melodische Experimente, die nicht jedem Fan der Szene schmecken dürften. Der Opener „Nichts zu verlieren“ überrascht mit einem Keyboard-Intro, das eher an Neunziger-Jahre-Pop erinnert als an rotzigen Punk. Die Gitarrenarbeit bleibt solide, doch der Gesang von Benny Götzken wirkt stellenweise eindimensional und lässt emotionale Tiefe vermissen. „Sorgenkind“ räumt mit den Synthesizer-Spielereien auf und fokussiert sich stärker auf die rockige Seite der Band, bleibt aber in puncto Hookline blass.
Der Titeltrack „Könige der Nacht“ ist programmatisch für die neue Ausrichtung: ein hymnischer Refrain, der zwischen Feierlaune und klischeebeladenem Text pendelt, unterbrochen von einem kitschigen Eurodance-Mittelteil, der die Punk-Attitüde fast vollständig verdrängt. „Bock auf Streit“ setzt diesen Kurs fort, tanzbar und eingängig, aber für Puristen ein Schlag ins Gesicht. „Nichts Gutes“ bemüht sich, die elektronischen Elemente mit Gitarrenriffs zu kaschieren, doch textlich bleibt auch dieser Track oberflächlich. Die Ballade „Lebendig“ ist ein Tiefpunkt: mit Zeilen wie „Friss die kalte Asche auf und kotz sie wieder aus“ wird eine düstere Bildsprache bemüht, die eher befremdet als berührt.
Das SDP-Cover „Mama hat gesagt“ wirkt wie ein Fremdkörper auf dem Album, trotz Gastbeitrag von Esther Graf. Es fehlt die Eigenständigkeit, die ein gelungenes Cover ausmacht. Erst mit „Schwarz zu Blau“ kehrt ein Hauch von klassischem Punk zurück – rau, direkt und mit einer klaren Haltung. Die letzten Tracks wie „Herzen in Beton“ und „Scherben, Pech und Dreck“ versuchen, die Balance zwischen Alt und Neu zu halten, doch die Produktion bleibt insgesamt zu glatt, um wirklich zu zünden.
„Könige Der Nacht“ ist ein Album, das polarisiert. Es zeigt eine Band, die sich weiterentwickeln will, dabei aber Gefahr läuft, ihre Identität zu verlieren. Die Mischung aus Punk, Pop und Dance funktioniert stellenweise, wirkt aber oft kalkuliert und wenig authentisch. Für Fans von BROILERS oder Feine Sahne Fischfilet mag das Album als Sommer-Soundtrack taugen, für Liebhaber des klassischen Deutschpunk bleibt es ein schwieriger Ritt. Die Produktion ist sauber, das Artwork solide – doch musikalisch bleibt die Platte hinter den Erwartungen zurück. Ein mutiger, aber nicht durchweg überzeugender Schritt in eine neue Richtung.